Als Antifaschist:innen reagieren, um als linke Bewegung zu agieren

Steigende Energiepreise, Teuerungen und der imperialistische Krieg – in den nächsten Monaten kann man mit sehr berechtigten sozialen Unruhen und Protesten rechnen.

In unserer Klasse und Teilen des Kleinbürgertums wächst die Wut und Verzweiflung über in die Höhe schießende Preise. Davon ist bisher nicht viel auf der Straße zu sehen. Die sogenannten „Rettungspakete“ der Regierung, wie beispielsweise der geplante Gaspreisdeckel oder die Energiekostenpauschale, tragen ihren Beitrag zu einer von Seiten des Staates erzielten Besänftigung bei.

Aber es kann nicht geleugnet werden, dass zur Zeit so viele Menschen wie lange nicht mehr von gesteigerten Lebenserhaltungskosten durch eine kapitalistische Krise betroffen sind. Und dies ist, wenn auch ohne antikapitalistische Analyse, in aller munde.

Verschiedene politische Kräfte sind sich dem Potenzial dieser Krise bewusst und versuchen bereits Einfluss zu nehmen.

Dies unterstrich der 4.9.22. An diesem Tag sind viele Menschen dem Aufruf von deutschen Neonazis wie beispielsweise Markus Beisicht, Querdenkern und russischen Chauvinisten gefolgt und auf die Straße von Köln gezogen, was die Mobilisierungskraft von rechts verdeutlichte. In den Anfängen formiert sich rechter Protest. In Köln, in NRW und in ganz Deutschland.

Der Tag hat auch gezeigt, wie wichtig es ist, dass wir zusammen als Antifaschist:innen und Linke in Krisenzeiten zusammenhalten und rechten Protest nicht unbeantwortet lassen.

Auch in der Linken Bewegung entwickeln sich Ansätze sozialen Proteste los zu treten. Dies reicht von Kampagnen wie z.B. „Genug ist Genug“, bis hin zu klassenkämpferischen Krisenantworten in Form von Montagsdemonstrationen im Süden Deutschlands.

Ob und in welcher Intensität Proteste aufflammen werden, wird sich in den nächsten Monaten zeigen.

Im Unterschied zu den Corona-Protesten, bei denen verhältnismäßig mehr Kleinbürger:innen (z.B. Solo-Selbstständige) auf die Straße gegangen sind, gehen wir davon aus, dass die möglicherweise aufflammenden Proteste einen proletarischeren Charakter haben können, da staatliche Maßnahmen zur Rettung der Konzerne und Bewältigung der Krise vor allem auf dem Rücken der lohnabhängigen Klasse ausgetragen werden.

Das bedeutet allerdings nicht, dass Kleinbürger:innen kein Teil der Proteste sein können. Auch das Kleinbürgertum leidet unter der Krise, zum Beispiel, wenn es darum geht, dass kleine Betriebe geschlossen werden müssen.

Die oben genannte Prognose kann Potenzial für einen klassenbewussten Protest liefern.

Auf Basis unserer Prognose ist der proletarische Klassencharakter der möglicherweise aufkommenden Proteste für uns als linke Bewegung ein Element von entscheidender Bedeutung.

In der Wut und der daraus entstehenden Protestbewegung muss ein Klassenbewusstsein erreicht werden. Das heißt es muss eine antikapitalistische Position in der Öffentlichkeit sichtbar gemacht werden. Dafür sollte das Ziel sein, dass einerseits die linke Perspektive und Analyse der Bewegung tonangebend wird, aber andererseits auch konkrete Verbesserungen für die Lohnabhängigen erkämpft werden.

Dies ist vorrangig Aufgabe der linken Bewegung, als dessen Teil wir uns ganz klar begreifen. Als organisierte Antifaschist:innen müssen wir aber hier eine spezifische Aufgabe erfüllen: um linke Ideen einer Massenbewegung zugänglich zu machen, müssen rechte und reaktionäre Elemente und Akteure isoliert, bekämpft und zerschlagen werden!

Uns muss durch die Analyse der Querdenken-Bewegung bewusst sein, dass die Wut der Bevölkerung durch verschiedene politische Kräfte kanalisiert werden wird.

Es hat historische Kontinuität, dass rechte Akteure mit aller Kraft versuchen in sozialen Bewegungen Fuß zu fassen, wie jüngst in der Querdenken Bewegung sehr gut zu sehen war.

Organisierte Faschist:innen versuchen die Massen mit ihrer rassistischen und nationalistischen Propaganda anzufachen. Die Querdenken-Proteste waren dafür empfänglich.

Rechte Akteure, die sich bereits in Stellung bringen und erste vermeintliche Krisenlösungen aufzeigen, sind nicht zu unterschätzen. Es ist deswegen unsere Aufgabe als Antifaschist:innen, sich bereits jetzt mit den rechten Kampagnen und Argumentationsmustern auseinanderzusetzen und sie inhaltlich zu zerlegen.

Die AfD veröffentlichte bereits Anfang Juli einen professionellen pseudo-sozialen Werbefilm. Im Begleittext heißt es:„In unserem Dokumentationsfilm ‚Teuro total – Deutschland am Limit‘ lassen wir Bürger zu Wort kommen und zeigen die Lösungsansätze gegen die grassierende Inflation auf“.

Ein Hauptanliegen der AfD sind pauschale Steuersenkungen. Natürlich ein Vorhaben mit sozialer Fassade. Menschen mit geringem oder mittlerem Einkommen würden zwar etwas entlastet werden, in absoluten Zahlen würden Spitzenverdiener:innen aber am allermeisten profitieren. Ihre neoliberale Agenda versucht die Partei mit nationalistischer Rhetorik zu kaschieren.

Aus der oben genannten Analyse sollte eine Anpassung der typischen Strategie zur Bekämpfung rechter Akteure und reaktionärer Elementen folgen.

Für unsere konkrete Praxis ist es immens wichtig die Bewegung zu differenzieren. Organisierte und überzeugte Rechte müssen radikal bekämpft werden, während bei Menschen, die auf der Suche nach Lösungen ihrer Probleme bei rechten Antworten auf die Krise landen, auf eine inklusive klassenkämpferische Praxis gesetzt werden sollte.

Um dies der linken Bewegung ermöglichen zu können müssen wir als Antifaschist:innen eine aktive Rolle in den sozialen Protesten spielen, denn nur so können unsere Bestrebungen die Rechten zu isolieren, zu bekämpfen und folglich zu zerschlagen Erfolg haben.

Im Fokus liegt jetzt, welche politischen Kräfte die sozialen Bewegungen für sich einnehmen.

Wir wissen nicht wie die Bewegung und der potenzielle Protest aussehen wird, welche Form er annimmt oder ob er überhaupt zu Stande kommt.

Wir als Antifaschist:innen müssen reaktionäre und rechte Positionen und Entwicklungen beobachten, analysieren und darauf basierend unser Praxis entwickeln.

Unsere antifaschistische Arbeit wird ein notwendiger Baustein für linken Einfluss in der Protest-Bewegung sein.

Es geht darum, als Antifaschist:innen zu reagieren, um als linke Bewegung agieren zu können.

Das können wir nur vereint als organisierte Antifaschist:innen und linke Bewegung schaffen

Also lasst uns gemeinsam in den sozialen Protesten den Ton angeben und Faschist:innen keinen Zentimeter Platz lassen!